New Work bei Stephanus - Im Interview mit Harald Thiel (Kfm. Vorstand)

13.03.2023 |
New Work bei Stephanus - Im Interview mit Harald Thiel (Vorstand)
Lieber Herr Thiel,
zuerst einmal vielen Dank für das Interview und die Zeit, die Sie sich hierfür nehmen. Wir möchten heute mit Ihnen über ein spannendes Thema sprechen, welches bekanntlich aktuell in aller Munde ist: „New Work“! Wir wissen, dass Sie auch persönlich für dieses Thema brennen. Was bedeutet New Work und was verbirgt sich dahinter?
Thiel:
New Work ist eigentlich gar nicht so „new“. Der Gründer dieses Begriffes ist der Arbeitsphilosoph Fritjof Bergmann, der sich Ende des 20.Jahrhundert aufgrund der Einführung neuer technischer Arbeitsmethoden und damit verbundenen neuen Anforderungen an Mitarbeitende in der Automobilindustrie Gedanken gemacht hat, wie man Arbeit gestalten kann, damit sie trotz der weiteren Technisierung wirklich Spaß macht.
Heute haben wir eine ganz ähnliche Situation. Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt und wir können uns fragen, wie wir dieses nutzen können, um für Mitarbeitende bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Gerade die Generationen X, Y und Z, also die ab 1965 Geborenen, haben andere Vorstellungen, wie Arbeit gestaltet sein muss, damit sie wirklich Spaß macht.
Die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung und eine andere Sichtweise auf die Arbeit ermöglichen es uns, über eine neue Kultur der Arbeit nachzudenken. Mehr Projektarbeit, Denken in Rollen und in Prozessen, mehr Einbindung in Entscheidungen, hybrides Arbeiten aber auch ein flexibles, eigenverantwortliches Arbeiten in Bezug auf Zeit und Ort gehören für mich dazu.
Was versprechen Sie sich von New Work? Was begeistert Sie und wo sehen Sie Grenzen?
Thiel:
Ich hoffe, dass wir so mehr Freiheiten geben können und somit ein größeres Wohlbehagen erreichen können. Durch das Arbeiten auf Augenhöhe wird es mehr Impulse und bessere Entscheidungen geben sowie hoffentlich auch eine höhere Zufriedenheit. Dass ich auch einmal in eine Rolle als normales Projektmitglied hüpfen kann, begeistert mich genauso, wie zu sehen, dass Mitarbeitende zunehmend mehr Verantwortung übernehmen. Die Grenzen sind immer da, wo nicht gemeinsam an der Sache gearbeitet wird, Dinge einseitig betrachtet werden oder aber formale Gegebenheiten ins Spiel kommen.
Das klingt spannend! Wie wird denn New Work bei Stephanus umgesetzt? Können Sie ganz konkrete Beispiele dafür geben, wie hier New Work bereits gelebt wird?
Thiel:
Zum einen sind wir dabei das einen Projektraum zu schaffen (ist mehr als ein Projekt und mehr als ein Raum), hybrides Projektmanagement und den hybriden Einkauf oder das Arbeiten in Netzwerken zu etablieren. Dieses aber tiefergehend zu beschreiben, dafür ist ein weiteres Interview notwendig.
Ganz konkret ist es an unserem neuen Bürogebäude mit viel Begegnungsflächen und Besprechungsräumen sowie der transparenten Architektur zu sehen. Durch die Einführung vom Microsoft 365, dem Arbeiten in der Cloud sowie LOGA³ und der Einführung von flexiblen Arbeiten gibt es eine große Freiheit, wann und wo gearbeitet wird. In einigen Teams in den zentralen Diensten hat sich das Arbeiten gänzlich verändert, man trifft sich zu Stand-Up-Meetings und gemeinschaftlichen Aktionen. Durch einen Mitarbeiter-Pool wollen wir versuchen, attraktive Arbeitszeitmodelle in unseren Einrichtungen und Diensten zu erproben und Verlässlichkeit in der Dienstplanung zu erreichen. Das Ganze digital, damit die Prozesse effektiv und effizient sind.
Wir haben einen Start-Up Pflegdienst - die Pflegetiger - erworben, um zu sehen, wie man digitaler und eigenverantwortlicher auch in der Pflege arbeiten kann. Und auch die Entscheidungsfindung ist anders, Projektteams stimmen sich im Konsens ab und Vorgesetzte haben nur ein Konsensrecht. Das bedeutet, wenn sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind, müssen sie dieses begründen - ich auch. Ob wir es schon leben, weiß ich nicht, aber wir versuchen, es immer mehr zu etablieren und Erfahrungen zu machen. Wir wollen Arbeit gestalten, die wirklich, wirklich Spaß macht.
Können Sie uns sagen, wie die Mitarbeiter*innen hierbei mitgenommen werden? Große Ideen scheitern in der Regel ja nicht an dem Willen, sondern an der konkreten Umsetzung – was macht Stephanus hier anders?
Thiel:
Corona hat es uns da nicht einfach gemacht und es ist sicherlich etwas auf der Strecke geblieben. Wir geben Impulse, versuchen es in unserer Strategie unterzubringen und in meinen Bereichen arbeiten wir in Workshops gemeinsam an unseren Werten und Arbeitsweisen. Wir haben mit der Organisation OnPurpose zusammengearbeitet, um neue Impulse zu bekommen. So ist das hybride Projektmanagement entstanden.
Verbessern müssen wir noch bei der Einbindung aller Mitarbeitenden zunächst in den zentralen Diensten. Aber New Work bedeutet auch, Dinge zuzulassen oder auch „natürliche“ Mitarbeiterwechsel dazu zu nutzen, die bisherige Arbeitsweise zu hinterfragen. So sind wir auf die Idee gekommen unseren Cateringbereich in Richtung New Work auszugestalten mit dem Ziel, die Mitarbeitenden in eigenverantwortlichen Teams mit klaren Strukturen und Prozessen zu organisieren. Wir erhoffen uns davon, dass mehr Zufriedenheit und vielleicht mehr Kreativität entstehen kann. Darüber hinaus werden noch Netzwerke geschaffen, in denen die Miarbeiter*innen, die wollen, mehr Verantwortung übernehmen können, um z.B. über Nachhaltigkeit im Einkauf nachzudenken. Dieses bedarf einer neuen Leitung, so ist die Stelle Community Leiter*in entstanden. Aktuell hat ein Beratungsprozess gestartet, in dem Details der Umsetzung erarbeitet werden.
Eine solche Stelle haben wir bisher noch nie ausgeschrieben und sie zahlt auf unser Ziel ein, Arbeitswelten moderner zu gestalten, herkömmliche Strukturen aufzubrechen und so attraktive Stellen anzubieten, in denen Teams eher autark arbeiten. Was genau erwartet denn die Person, welche die neue Position als „Community Leiter *in als Prokurist *in Küche und Catering“ bekleiden wird?
Thiel:
Zunächst viel Arbeit aber auch viel Gestaltungsmöglichkeit als Coach von einem großartigen Küchenteam. Ich denke auch hier sollten wir nach dem Sommerferien ein weiteres Interview führen! Vielleicht mit unserem neuen Verantwortlichen für den Küchenbereich, sodass er berichten kann, wie aus der Vision Realität wird aber sicherlich auch über die Grenzen, die in dem Prozess auftreten.
Herr Thiel, zum Abschluss noch ein Ausblick: Was denken Sie, wie sich Stephanus in den nächsten Jahren in Bezug auf New Work entwickeln wird? Wo wird die Reise hin gehen?
Thiel:
Ich hoffe, dass wir bald die mit der Einführung von Digitalisierungsprojekten in den zentralen Diensten verbundenen Herausforderungen hinter uns lassen und wir somit die Chancen für New Work nutzen können. Das bedeutet auch eine eigenverantwortliche Einteilung der Arbeit in Bezug auf Zeit und Ort und auch der Freiheit, inhaltlicher in Projekten zu arbeiten.
Das stupide Abarbeiten von Belegen unter Zeitdruck ist nicht das, was allen wirklich Spaß macht. Ich hoffe, dass in Projektarbeit - vielleicht nur zeitlich begrenzt – neue Impulse für unsere Arbeit aber auch die Mitarbeitende entstehen und die Zufriedenheit steigt. Auch in unseren Einrichtungen und Diensten sehe ich noch viele Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln. Eine zentrale Frage hier ist „Kann ich Arbeitsstrukturen schaffen, die die Mitarbeitenden entlasten und mehr Zufriedenheit schaffen, durch eine größere Freiheit bei der Gestaltung der Arbeit?“
Also New Work ist nicht das, was überall gleich ist, sondern es muss am Mitarbeitenden ausgerichtet sein, die Bedürfnisse der Generationen berücksichtigen und die Chancen der Digitalisierung nutzen. Insofern bin ich selbst gespannt!
Ich bedanke mich für die angenehmen Fragen.
Vielen Dank für die tollen Einblicke und das spannende Interview!